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Sektion III, 10.00 Uhr

Kultur im Zeichen einer Dynastie – Musik als militärisches Machtinstrument Nordkoreas

Madlen Poguntke (Seoul/München)

„I escaped North Korea to be free to play any music.“ (Zitat des nordkoreanischen Flüchtlings Kim Cheol-woong) Nordkorea – Ein Land, das v.a. mit seinen Raketentests in den weltweiten Schlagzeilen landet. Seit Machtergreifung und Ausrufung der Kim-Dynastie im Jahre 1948 leben Nordkoreaner abgeschottet von internationalen Einflüssen und Kulturen. Sieht man lediglich die aktuellen Berichterstattungen, so wird Nordkorea als tristes Land ohne eigene Kultur mit ausschließlichem Fokus auf militärische Stärke bezeichnet. Der Vortrag spannt einen Bogen zwischen traditioneller koreanischer Musik und Populärmusik, die durch internationale Einflüsse geprägt wird, bringt Licht ins Dunkel der Musikkultur eines so isolierten Landes und hinterfragt diese kritisch. Madlen Poguntkes musikalische Laufbahn begann bereits im frühen Alter. Seitdem schloss sie erfolgreich zwei Bachelor-Studiengänge (B.Mus.), ein Staatsexamen für gymnasial Lehramt und drei Master-Studiengänge (2 M.Mus. und M.A.) ab. Solo- und Kammermusikkonzerte, sowie zahlreiche Meisterkurse bereichern ihr musikalisches Schaffen. Derzeit promoviert Sie bei Prof. DDDr. Wolfgang Mastnak an der Musikhochschule in München in Musikpädagogik und bei Prof. HeeSook Oh an der Seoul National University (SNU) in Südkorea in Musiktheorie und -wissenschaft. Madlen Poguntke ist leidenschaftliche Flötistin und Wissenschaftlerin, die Praxis und Theorie gekonntmiteinander verknüpft. Neben ihren musikalischen Tätigkeiten rezensiert und berichtet sie für die nmz. 2021 erhielt sie den Kulturförderpreis der Stadt Marktredwitz.

Gegenwärtige Vergangenheit. Klassische Musik, Diktatur und die aktuelle Rückkehr des Faschismus in Argentinien

Lucía Yanzón (Berlin)

Gegenwärtige Vergangenheit. Klassische Musik, Erinnerungen an Exil und die mögliche Rückkehr des Faschismus in Argentinien. Am 10. Dezember begeht Argentinien nicht nur den 40. Jahrestag der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1983 nach einer Diktatur (1976-1983), in der das Verschwindenlassen von 30.000 Menschen fiel. Gedacht wird auch des demokratischen Prozesses selbst, von der Aufhebung der Amnestiegesetze für die Verbrechen der Militärs, über die Verbreitung von Menschenrechtsorganisationen, Forschungsinstituten und Gedenkstätten. Zu dieser wohlverdienten Feier gesellte sich in den letzten Monaten eine diskursive Gegenreaktion, die ein Wiederaufleben der Dialektik der Ausrottung und der extremen Liberalisierung des Marktes zurückgebracht hat, in der selbst das Existenzrecht nur noch eine bloße Kostenfrage ist. Der ultrarechte Anarcho-Kapitalist, Klimawandel- und Diktaturleugner Javier Milei von der La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran) gewann letzten 19. November mit 55,69 Prozent der Stimmen die Präsidentenwahl. Als historisches Kultursubjekt ist das Teatro Colón in Buenos Aires auch von der politisch-verfassungsrechtlichen Entwicklung des demokratischen Prozesses des Landes durchzogen. Anhand einzelner semistrukturierter Interviews mit Musiker*innen des Theaters wird den Fragen nachgegangen, welchen Einfluss die Diktatur in den musikalischen Tätigkeiten damals noch sehr junger Musikstudierenden nahm und welche Zusammenhänge sich für die heutige wiederkehrende Diskursen ableiten lassen. Lucía Yanzón ist eine am Teatro Colón ausgebildete Violinistin, Musik- und Erziehungswissenschaftlerin aus Buenos Aires, Argentinien. Sie studiert derzeit im Masterstudiengang Musikwissenschaft an der Universität-Humboldt zu Berlin.

Sektion IV, 12.00 Uhr

Ein vergessenes Institut - Arnold Schmitz und die Breslauer Musikwissenschaft 1929-1944

Sebastian Pstrokonski-Komar       

Arnold Schmitz ist einer der bedeutendsten deutschen Musikwissenschaftler des vergangenen Jahrhunderts. Seine Arbeiten zu Komponisten wie Beethoven, Wagner, Bruckner und Bach waren wegweisend für das Fach; er bekleidete eines der wenigen musikwissenschaftlichen Ordinariate der Vorkriegszeit in Breslau und ging (spätestens) dort als eine prägende Persönlichkeit des Fachs hervor. Bereits ein historisches Interesse an Person und Fach berechtigten zu einer selbständigen Forschungsarbeit kleineren Formats. Bemerkt man darüber hinaus aber die Netzwerke und insbesondere die federführende Rolle Schmitz‘ an der Ostforschung des Musikwissenschaftlichen Seminars im Breslau der 30er Jahre, wird eine Parallelbetrachtung aus Institutsgeschichte und Biografie notwendig. Im Dezember 1929 das Ordinariat übernehmend, führte er die Arbeit seines Vorgängers Max Schneider in der Schlesischen Musikforschung weiter, was spätestens ab der „Machtübernahme“ 1933 den Anschein erweckt, in den Dienst geschichtlicher Landeskunde gestellt worden zu sein – ein in erster Linie politisches Instrument seiner Zeit. Es ist daher längst überfällig, die Verknüpfungen und Beiträge der Musikwissenschaft an dieser großgespannten „Ostpolitik“ aufzuarbeiten, was (zumindest im deutschsprachigen Raum) bisher versäumt wurde. Sebastian Pstrokonski-Komar wurde 1999 in Wrocław (Polen) geboren und studiert derzeit Musikwissenschaft an der Universität Leipzig im Master. Gleichzeitig hierzu begann er im Doppelstudium Westslawistik.

Postervorstellung: »im Zeichen der Aufklärung« – Das »Handbuch der Chorleitung« als Mittel zur Verbreitung der marxistisch-leninistischen Geschichtsauffassung bei der Rezeption von Musik vor 1800

Lukas Stoffregen (Halle)

Das »Handbuch der Chorleitung« (Leipzig, 1981) ist ein zweiteiliges Handbuch mit Beiträgen zu dirigentischen Methoden, Aspekten der Leitung eines Chores sowie Repertoirekunde und Aufführungspraxis verschiedener Epochen der Chorliteratur. Es vermittelt Musikauffassung an Multiplikator:innen, hauptsächlich Leiter:innen von Laienchören – Verbreitungsräume, die Musikrezeption praktizieren und so das »Machtinstrument« Musik erleben, leben und erleben lassen. Im Rahmen des Posters werden erste Erkenntnisse zum Handbuch präsentiert. An Beiträgen zur historischen Einordnung lassen sich Narrative der Rezeption ›Alter Musik‹ nachweisen, die im Rahmen anderer Vorhaben jüngst beschrieben wurden. Außerdem geben u. a. die Notenbeispiele und die Repertoireempfehlungen Aufschluss über die Implikation dieser theoretischen Ideen und aufführungspraktischer Vorstellungen in Kapitel zur musikalischen Praxis. Lukas Stoffregen (geb. in Lüneburg) studiert seit diesem Semester Musikwissenschaft, Geschichte und Italianistik an der MLU Halle-Wittenberg. Zuvor war er im Freiwilligendienst in der Musikdramaturgie am Theater Vorpommern tätig. Schwerpunkte bilden die Künstegeschichte der Frühen Neuzeit und ihre Rezeption, Gesang und Musiktheater sowie Interdisziplinarität in den Geisteswissenschaften. Außerdem absolvierte er eine C-Prüfung in Chorleitung, ist im Continuo mit dem Jugendbarockorchester »Bachs Erben« unterwegs und erkundet in freien Projekten neue Wege im Umgang mit ›Alter‹ und ›neuer‹ Musik.

Planänderung: Führung durch das Händelhaus 14.15 Uhr

Sektion V, 16.30 Uhr

Die Rolle der Hausmusik im Nationalsozialismus

Vincenz von Roda (Halle)                                     

Wer wollte außen vor sein, wenn viele andere dabei waren, ein deutsches Kulturgut zurückzugewinnen? Diese Frage stellten sich zwischen 1933 und 1945 vermutlich einige Menschen in Deutschland, wenn sie an die “Wiederentdeckung” der deutschen Hausmusik dachten. Und so folgten sie dem Ruf der Nationalsozialisten und versammelten sich in Hausmusiker:innengruppen, erlernten Instrumente, gaben ihr Wissen über die Instrumente und ihren Bau weiter, hörten bei den vielen, am Tag der deutschen Hausmusik aufgeführten, Konzerten oder Vorträgen zu oder unterstützten das Unterfangen durch ihre Eintrittsgelder und freie Spenden. Bis heute finden sich nur jedoch wenige genaue Informationen über die sozialen Hintergründe der Musizierenden, die Wohnungsgrößen, in denen gespielt wurden, aber auch über Verkaufszahlen von Musikinstrumenten, Notenausgaben oder Eintrittskarten zu den Veranstaltungen der Hausmusik. Auch deshalb spielt die Hausmusik des Nationalsozialismus bisher nur eine Nebenrolle in der musikwissenschaftlichen Forschung. Der Vortrag soll dabei helfen, diese Lücke ein wenig zu schließen. Vincenz von Roda studierte von 2018 bis 2021 im Zweifachbachelor Musikwissenschaft und Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Anschließend begann er an derselben Universität den Masterstudiengang Musikwissenschaft, mit Fokus auf die historische Komponente des Fachs, für dessen Abschluss er gerade an seiner Masterarbeit schreibt.

Myra Hess und die National Gallery Concerts – Deutsche Musik und Deutsche MusikerInnen in England während des zweiten Weltkrieges

Frauke Kandler (Münster)

--- entfällt krankheitsbedingt ---

Bereits zu Beginn des Zweiten Weltkriegs moniert die britische Pianistin Dame Julia Myra Hess das Fehlen klassischer Konzerte und Musik gegenüber der British Broadcasting Cooperation (BBC). Da eine Erklärung ausbleibt, gründet Hess zusammen mit Sir Kenneth Clark, dem Direktor der National Gallery, die nach eben jenem Gebäude benannte Konzertreihe. Die National Gallery Concerts werden zu einer wesentlichen Stütze der ‚morale-boosting‘ Bemühungen während des Krieges. Zwischen dem 10. Oktober 1939 und dem 10. April 1946 wurden 1698 Konzerte abgehalten. Das Repertoire bestand größtenteils aus Werken deutsch-österreichischer Komponisten des 18. und 19. Jahrhundert, welche nicht nur von lokalen Künstler:innen, allen voran Myra Hess, sondern auch von deutsch-österreichischen Flüchtlingen aufgeführt wurden. Ihre Teilnahme ist das Resultat langwieriger politischer Diskussionen über emigrierte MusikerInnen aufgrund der hohen Zahl arbeitsloser, einheimischer KünstlerInnen und ist nur dank eingeschränkter Arbeitserlaubnis für geflüchtete MusikerInnen möglich. Frauke Kandler studierte im Master Musikwissenschaft an der Folkwang Universität der Künste, Essen. Seit Herbst 2022 promoviert sie bei Prof. Dr. Michael Custodis an der Universität Münster im Fach Musikwissenschaft über Deutsche Musik in London während des Zweiten Weltkriegs.

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